„Wenn man wirklich will, schafft man alles“
Ausbildung in Teilzeit – ein schwieriges Unterfangen? Kristine Babaian hat das Gegenteil bewiesen. Die 38-jährige absolvierte auf diese Weise mit eiserner Disziplin eine Ausbildung zur Fachverkäuferin für Lebensmittel, obwohl sie Mutter von drei Kindern ist und einen Migrationshintergrund hat. „Wenn man wirklich will, schafft man alles“, sagt die junge Frau selbstbewusst. Sie schloss ihre Ausbildung sogar vorzeitig nach zweieinhalb Jahren mit der Note 2,2 ab.
Die Armenierin lebte im russischen Samara, wohin ihre Eltern mit der Familie gezogen waren. Dort gründete sie in jungen Jahren auch ihre eigene Familie. Der Wunsch nach Demokratie und einem besseren Leben für ihre heute neun, zehn und achtzehn Jahre alten Kinder führte Familie Babaian im August 2016 nach Deutschland.
Hier musste sie das Asylverfahren durchlaufen und kam schließlich nach Halstenbek, wo sie heute noch wohnt. 2021 hielten alle Familienmitglieder ihren Aufenthaltstitel in den Händen. „Wenn alles gutgeht, können wir in fünf Jahren mit dem Bleiberecht rechnen“, erzählt Kristine Barbaian.
Bei ihrer Ankunft verfügte Kristine Babaian über keine Deutschkenntnisse. Da Sprache aus ihrer Sicht das wichtigste ist, um sich zurecht zu finden, nahm sie jede mögliche Gelegenheit wahr, um Deutsch zu lernen. Inzwischen spricht sie gut Deutsch, hat das Sprachzertifikat B1 in der Tasche und strebt B 2 an. Auch ihren Akzent trainiert sie ab. „Aber das meiste habe ich während meiner Teilzeitausbildung bei Gesprächen mit Kollegen und Kunden gelernt. Einfach learning by doing“, berichtet sie.
In der Bäckerei gab es einen Teilzeit-Ausbildungsplatz
Schon mit den geringen Sprachkenntnissen des A-2-Zertifikates traute sie sich, nach Arbeit Ausschau zu halten. „Wir wollten schnellstmöglich auf eigenen Beinen stehen und nicht von sozialer Unterstützung leben“, begründet Babaian. Sie schaute sich um und stieß auf das Projekt „Ausbildung in Teilzeit“, zu dem die WEP Beratung Frau & Beruf und deren Netzwerkpartner im Kreis informieren. Mit deren Unterstützung fand sich eine Teilzeit-Ausbildungsstelle zur Fachverkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel in der Elmshorner Bäckerei Millahn. „Einzelhandel liegt mir, in Samara hatte ich einen Marktstand mit Bekleidung. Außerdem backe ich gern und war neugierig auf deutsche Backwaren“, erzählt sie.
Im August 2018 ging es mit der Ausbildung los, im Februar 2021 bestand sie erfolgreich die Abschlussprüfung. „Das war nicht leicht. Ich habe jede freie Minute gelernt“, blickt sie auf die Zeit zurück. Sie habe noch viel per Handy übersetzen müssen, vor allem in der Berufsschule habe sie oft die Übersetzungs-App genutzt. Gerade bei Arbeiten sei dabei viel wertvolle Zeit verloren gegangen. „Die Mitschüler haben mich im Gegensatz zu meinem Arbeitgeber und den Kollegen leider nie unterstützt, sondern ausgelacht“, sagt sie verständnislos. Viel Unterstützung erhielt sie auch von ihrem Mann, der inzwischen als selbstständiger Trockenbauer arbeitet. Er kümmerte sich um die Kinder und übernahm Aufgaben im Haushalt. „Ohne meinen Mann hätte ich das nie so gut geschafft“, befindet sie.
Danach nahm sie einen Zweijahresvertrag einer Pinneberger Bäckerei an und kümmerte sich nebenbei bei der „Brücke“ als Sprachmittlerin um Geflüchtete. Anschließend nahm sie dort das Angebot für einen festen Arbeitsplatz als Sprach- und Kulturmittlerin an.
Chance für Unternehmen
Nicht nur der Fachkräftemangel ist groß. Unternehmen haben auch zunehmend Probleme, Auszubildende zu finden. Da ist das Potenzial der Frauen, die - zum Beispiel nach der Familienpause - eine Teilzeitausbildung anstreben, eine gute Chance, besonders motivierten Nachwuchs zu requirieren.
Nähere Information bei der
WEP Beratungsstelle Frau & Beruf
Martina Pichon und Johanna Brandt
Telefon (04120) 707765
E-Mail frau-beruf-pi@wep.de