Northvolt-Ansiedlung - „Die Flut hebt alle Schiffe“

WEP Geschäftsführer Dr. Harald Schroers. Foto: Hass PR

Schleswig-Holsteins Landesregierung, Unternehmensverbände wie der UVUW, die Träger der Regionalen Kooperation Westküste wie IHK, Westküstenkreise und ihre Wirtschaftsförderungen – sie alle haben aufgeatmet, als Norderwöhrdens Gemeindevertretung als letzte Entscheidungsinstanz grünes Licht für die Ansiedlung von Northvolt bei Dithmarschens Kreisstadt Heide gab. Warum die WEP Wirtschaftsförderung die Ansiedlung der schwedischen Batteriefabrik als einen wichtigen wirtschaftlichen Wachstumsimpuls begrüßt, erklärt ihr Geschäftsführer Dr. Harald Schroers im WEP Report - Interview.

WEP Report: Herr Dr. Schroers, trägt die Northvolt-Ansiedlung dazu bei, Schleswig-Holsteins Anspruch als ein führendes Energiewendeland in Deutschland zu untermauern?

Schroers:  Die Ansiedlung ist für das Land und die Westküste auf jeden Fall ein bedeutender Impuls in Richtung Energiewende. Eine Investition dieser Größenordnung hatten wir in Schleswig-Holstein schon lange nicht mehr zu verzeichnen, und wenn diese nun sogar in den Bereichen Klimaneutralität, Energieerzeugung und Energiewende stattfindet, dann kann das nur gut für uns alle sein. Ökonomisch, weil durch die Ansiedlung und ihre Effekte ab 2029 eine Wertschöpfung von jährlich etwa 942 Millonen Euro erwartet wird. Und ökologisch, weil Northvolt mit Erneuerbarer Energie der Westküste, übrigens hoffnungsweise auch mit dem bisher überschüssigen Windmühlenstrom, die grünste E-Autobatterie der Welt herstellen wird. Das alles wird Schleswig-Holstein einen Image-Gewinn als erfolgreiches Energiewendeland bringen.

Die Regionale Kooperation Westküste hatte ja bereits im Vorfeld eine Studie in Auftrag gegeben, um Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft durch die Northvolt-Ansiedlung herauszufinden. Welche Effekte sind zu erwarten?

Unsere Westküste oder auch Energieküste, bietet Unternehmen für die Energiewende einen großen Standortvorteil. Das hat Northvolt erkannt, und das werden in diesem Zuge auch weitere Unternehmen erkennen. Northvolt soll fast 12.000 Arbeitsplätze generieren, 3000 davon in seiner Gigafactory. Die anderen bei Zulieferern und Dienstleistern, die sich an der Westküste ansiedeln werden, und bei regionalen Unternehmen, die die Chance nutzen, zu kooperieren, neue Geschäftsfelder aufzubauen und zu wachsen. Das wird zu einer erheblichen Steigerung der Wertschöpfung und der Steuereinnahmen in den Westküstenkreisen- und kommunen führen. Der Großteil der wirtschaftlichen Effekte bleibt allerdings in Heide und Umgebung, das ist unumstritten.

Aber es wird doch Ausstrahlungseffekte geben?

Ja, ganz sicher, auch zu uns in den Kreis Pinneberg. Mit Northvolt entsteht neben Hamburg eine wachsende Kraft auf der gegenüberliegenden Seite. Und wenn das Umfeld wächst, gilt grundsätzlich „Die Flut hebt alle Schiffe“. Will heißen, der Kreis Pinneberg wächst mit. Allein schon, weil der Hamburger Hafen logistisch genutzt wird und das Northvolt Headquarters in Hamburg sitzt, wird es eine stetige Verbindung über uns geben. Bis etwa 13 Prozent der zusätzlichen Arbeitsplätze könnten bei optimalem Verlauf auf den Kreis Pinneberg entfallen. Wir rechnen also bestenfalls mit knapp über 1.500 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis zum geplanten Volllastbetrieb im Jahr 2029. Um das einordnen zu können: In den vergangenen fünfzehn Jahren lagen wir im Kreis Pinneberg bei einem durchschnittlichen Zuwachs von etwa 1.250 Arbeitsplätzen pro Jahr. Der Einmaleffekt aus der Ansiedlung von Northvolt entspricht also etwa dem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs. Das ist nicht gigantisch, aber bei zuletzt rückläufigem Wachstum im Kreisgebiet ein passender Ausgleich.

Was ist mit den immer mal wieder zu hörenden Befürchtungen hiesiger Unternehmen, Northvolt könnte von ihnen die Fachkräfte abziehen?

Diese Befürchtung mag in Einzelfällen zutreffen. Ich sehe aber eher die Vorteile. Northvolt zieht Arbeitskräfte aus aller Welt an. Im schwedischen Werk des Unternehmens arbeiten Menschen aus über 80 Nationen. Für das Heider Werk hat Northvolt schon zahlreiche Bewerbungen aus ganz Deutschland erhalten, bevor die Ansiedlungsentscheidung überhaupt spruchreif war. Die Batteriezellenfertigung wird die gesamte Westküste für den Arbeitsmarkt interessanter machen. Auswärtige Fachkräfte werden entdecken, dass die Region attraktiv ist und außer Northvolt noch andere interessante Arbeitgeber bietet. Northvolt wird also ein imagebildender Faktor werden, der auch auf den Kreis Pinneberg ausstrahlt und den regionalen Arbeitsmarkt mit neuen Arbeitskräften belebt.

Aber damit sind auch Herausforderungen verbunden. Ohne Schweiß kein Preis, oder?

Ja, natürlich. Um diese Chancen zu nutzen, ist es wichtig, rechtzeitig aktiv zu werden, sprich: Gewerbeflächen für Ansiedlung und Betriebserweiterungen bereitstellen, Straßen und Schienenverbindungen zu optimieren, dass Wohnraumangebot und die sozialen Dienstleistungen – von Kinderbetreuung bis zu Freizeit – zu überprüfen. Das alles wird übrigens nicht nur neuen Firmen und Neubürgern, sondern allen hier Arbeitenden und Lebenden zugutekommen. Zum Gewerbeflächenbedarf und jüngst zum Wohnraumbedarf hat die regionale Kooperation zusammen mit einigen Städten und Gemeinden bereits Studien erstellt, die auf der Homepage der Regionalen Kooperation Westküste (www.rk-westküste.de/themen/projekte/) eingesehen werden können. Und um alle Aktivitäten zu koordinieren, soll ein Projektbüro entstehen, in dem von den Kreisen und dem Land feste Ansprechpartner und bedarfsweise Experten verschiedener Fachbereiche zur Verfügung stehen. Wir als WEP werden uns außerdem beständig an Kommunen und Unternehmen im Kreis Pinneberg wenden, um sie in die Entwicklung einzubinden und über Möglichkeiten zur Teilhabe und Geschäftsbeziehungen zu informieren. Eine erste Info-Veranstaltung für Unternehmen fand kürzlich in Heide statt.  

Sind die Flächen für Gewerbe und Wohnraum im Kreis Pinneberg nicht längst nur noch begrenzt verfügbar?

Das stimmt, aber die direkte Belastung der Immobilienmärkte bleibt vergleichsweise niedrig. Wir bekommen ja nur ein kleines Stück des Kuchens. Von den 3000 direkt bei Northvolt beschäftigten Mitarbeitern werden nicht viele bei uns wohnen wollen. Da würde die tägliche Pendelerstrecke zu lang. Allein für junge Leute und Singles bieten wir wegen der Freizeitmöglichkeiten und der Großstadtnähe einen Standortvorteil, der zu einer höheren Nachfrage führen könnte. Interessierten Betrieben können wir derzeit noch Gewerbeflächen an verschiedenen Standorten anbieten, allen voran in unserem ökologisch ausgerichteten EQ Businesspark in Quickborn. Richtig ist aber auch, das Gewerbeflächenangebot ist heute schon gering und bedarf einer Nachbesserung.

Abschließend, wie bewerten sie die Ansiedlung von Northvolt insgesamt, Risiko oder Chance?

Die größte Chance, die die Ansiedlung mit sich bringt, besteht in der Imageänderung der Westküste, hin zum Premium-Standort für Erneuerbare Energie und Nachhaltigkeit. Das kann uns helfen, die aktuelle Wachstumsschwäche im Kreis Pinneberg aufzufangen und einen neuen wirtschaftlichen Schwerpunkt zu finden. Zumal der größte Teil unserer Gewerbesteuerzuwächse aktuell schon aus Einnahmen der Energiebranche kommt. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Ansiedlung von Northvolt als wichtigen Impulsgeber für notwendige Strukturveränderungen bei gleichzeitig übersichtlichen Belastungen für den Kreis Pinneberg.

Vielen Dank, Herr Dr. Schroers!

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